Autor: Andrea Walter
Gerade an Frauen haftet das Klischee, Liebe und Sex wären für sie ein untrennbares Duo. Eine Frau, die sich von ihrem Mann nicht verstanden und geliebt fühlt, verliert auch das körperliche Interesse an ihm, so heißt es. Männern hingegen sagt man nach, dass sie Liebe uns Sex besser voneinander trennen können, weshalb der eine oder anderen Mann unter euch bestimmt schon einmal den berühmten Satz „Du willst ja nur das Eine von mir!“ an den Kopf geworfen bekommen hat. Wie euer Partner tickt und was er wirklich von euch will, das werdet ihr auf die altmodische Weise herausfinden müssen. Die Hirnforschung jedoch, ist bereits ein paar Schritte weiter, denn sie hat es für uns sichtbar gemacht: Liebe und Lust sind nur „Best Buddies“, zwar mit neuronalen Gemeinsamkeiten jedoch mit unterschiedlichen Wohnsitzen in unserem Gehirn.
Aristoteles hatte die Vorstellung, dass unser Herz das Zentrum unseres Fühlens sei. Heute wissen wir: Das Herz ist eine Pumpe, die die Versorgung unserer Organe sichert. Lediglich in unserer romantischen Vorstellung fallen wir in den Aristotelismus zurück, denn ansonsten wissen wir, dass unser Gehirn für unsere Emotionen und Gefühle zuständig ist. Auch für Liebe uns Lust gibt es in unserem Gehirn Areale – zwei unterschiedliche, wie Wissenschafter herausgefunden haben. Zwar aktivieren beide das sogenannte Striatum, jedoch in unterschiedlichen Bereichen dessen. Während Lust auf Sex von Nervenaktivitäten in Arealen begleitet wird, wie es unter anderem auch bei der Lust auf ein saftiges Stück Kuchen der Fall ist, leuchtet bei Hirnscans die Liebe in Arealen auf, welche der Wissenschaft auch aus der Gewohnheits- und Suchtforschung bekannt sind. Liebe aktiviert den Bereich der sowohl eng mit dem Belohnungszentrum, als auch mit Süchten verknüpft ist. „Süchtig nach Liebe“ zu sein mag nach Lyrik klingen, ist folgerichtig jedoch der neurowissenschaftlichen Ecke zuzuordnen.
Liebe und Lust liegen zwar, deutlich nachweisbar, in unterschiedlichen Bereichen des Gehirnes, aktivieren jedoch eng verwandte Gehirnregionen. Während die sogenannte „Insel“ eine „Island of Love“ ist, ist das im stirnbereich liegende Striatum für Emotion und Kognition zuständig und somit unser „Sex Pool“. Anhand dieser beiden Gehirnstrukturen lässt sich der Übergang von sexuellem Interesse in Liebe nachvollziehen, nämlich dann, wenn im „Lustzentrum“ Informationen ans „Liebeszentrum“ abgegeben werden, wo unter anderem auch Monogamie und Paarbildung eine Rolle spielen. „Liebe ist eine Gewohnheit, die aus sexueller Lust entsteht, wenn diese befriedigt wird“ schließt die Wissenschaft daraus. Klingt plausibel, vor allem wenn man sich ansieht, wie viele „auseinandergelebte“ Beziehungen, wie man es verwandtschaftstauglich formuliert, in Tatsache an schlechtem Sex gescheitert sind.
„Du willst doch nur das Eine von mir, oder?“ Diese Frage steht noch immer im Raum und für alle, die keinen Hirnscanner zur Hand haben bleibt nur eine Möglichkeit: Ein tiefer Blick in die Augen des Partners, gefolgt von einem leidenschaftlichen Kuss, der uns hoffentlich verrät wie er tickt.
Quelle:
Originalstudie: “The common neural bases between sexual desire and love”