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Autor: Andrea Walter

Ich hab vor einiger Zeit einen Artikel darüber geschrieben, warum Frauen Sex haben wollen. Heute stelle ich die Frage in den Raum, warum Frauen keinen Sex haben wollen. Dieses Thema ist, von einem Leser, als Wunschthema an mich herangetragen worden. Bei meinen Überlegungen und Recherchen habe ich festgestellt, dass das Thema so komplex ist, dass ich beschlossen habe meinen Artikel in zwei Teile zu gliedern. Im ersten Teil möchte ich mich der Problemfindung und der Problemlösung widmen. Im zweiten Teil möchte ich näher auf die unlösbaren Probleme eingehen und auch auf den moralischen Aspekt: (Fremd)gehen oder unglücklich bleiben.

Am Anfang einer Beziehung steht häufig der Sex im Vordergrund: Mehr, noch mehr, immer! Mit der Dauer der Beziehung nimmt die Häufigkeit meistens ab und pendelt sich schließlich irgendwo im österreichischen Durchschnittsbereich, von etwa 2-3 Mal die Woche ein, womit die meisten Paare ganz gut über die Runden kommen. Seit den Anfängen meine Blogs bin ich immer wieder auf das Thema der sexuellen Unlust bei Frauen, die sich über lange Strecken hinzieht, gestoßen. Es gab auch kein Thema, mit dem ich gleichermaßen oft per privater Nachricht meiner Leser konfrontiert worden bin, wie die männliche Durststrecke, wenn mit der Partnerin im Bett gar nichts mehr läuft und eine wochenlange oder gar monatelange Sexlosigkeit herrscht. Damit einhergehen Frust, Ratlosigkeit und wachsenden Unzufriedenheit auf zumeist beiden Seiten, die nicht nur die Paarbeziehung erschweren, sondern auch irgendwann auf den Kinder, dem Freundeskreis und auf dem gesamten Alltag lasten.

Gucken wir uns an, wo die möglichen Ursachen für die weibliche, sexuellen Unlust, zu finden sein können – zunächst die Ursachen, die als lösbar gelten, sofern der Wunsch besteht das Sexualleben zu tunen, denn das ist der alles entscheidende Punkt.

Ich fühle mich unsicher in unserer Beziehung

*Untreue des Partners

*Mangelndes Vertrauen in den Partner/die Partnerschaft

*Mangelndes Sicherheitsgefühl in der Beziehung

*Angst davor verlassen zu werden

*Trennungstrauma aus vergangenen Beziehungen

*Angst vor dem Alleinsein

+ Mögliche Lösungsansätze:

*Paartherapie

*Das Gespräch miteinander suchen

*Ängste und Zweifel ansprechen

Ich fühle mich nicht wohl in meiner Haut

 *Mangelndes Selbstvertrauen/Selbstwertgefühl

*Komplexe/Sich nicht schön finden/Unzufriedenheit mit sich selber

*Der Gedanke, sich mit anderen Frauen messen und vergleichen zu müssen

*Das Gefühl dem Partner nicht zu genügen

*“Liebt er mich überhaupt?“

+ Mögliche Lösungsansätze

*Das Selbstwertgefühl der Partnerin bestärken

*Die Partnerin zu Hobbies und Aktivitäten ermutigen

*Anerkennende Worte und Gesten an die Partnerin richten

Ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht

*Alltagsstress, Doppelbelastung durch Kinder, Job und Haushalt

*Wenig Zeit für sich selbst

*Schlafmangel

*Das Gefühl nicht allen Alltagsanforderungen gerecht zu werden

+ Mögliche Lösungsansätze

*Die Partnerin im Haushalt und mit den Kindern unterstützen

*Der Partnern Freiräume und Alltags-Auszeiten ermöglichen

Irgendwas stimmt nicht mit meinem Körper

*Hormonelle Störungen

*Sonstige gesundheitliche Probleme

*Schmerzen beim Sex

*Orgasmusprobleme

*Wechselbeschwerden

*Schwangerschaft/Geburt/Fehlgeburt

*Libidoverlust durch die Einnahme von Medikamenten

*Unterbewusste Angst vor Schwangerschaft

*Psychische Probleme

+ Mögliche Lösungsansätze:

*Ärztlichen Rat und Hilfe suchen

Beim Masturbieren komme ich problemlos, aber beim Sex klappt es so gut wie nie

*Angespanntheit

*Erwartungsdruck

*Zeitdruck

*“Er fasst mich nicht an der richtigen Stelle an.“

+ Mögliche Lösungsansätze:

*Offen über Bedürfnisse und Wünsche sprechen

*Sich Zeit nehmen

*Aufeinander eingehen – dabei auch mal lachen, denn Sex soll nicht zur ernsten Angelegenheit verkommen

*Sich von der Partnerin beim Masturbieren zeigen lassen, welche Berührungen erregend sind

*Ohne große Erwartungshaltung an Sex herangehen – nach dem Motto „mal sehen was kommt“

Ich habe schon so lange nicht mehr mit ihm geschlafen…Er ist schon ganz frustriert. Heute MUSS es unbedingt sein sonst ist er morgen den ganzen Tag schlecht gelaunt.

*Druck

*Verweigerung bis hin zur Ablehnung des Partners

+ Mögliche Lösungsansätze:

*Angenehme und gemeinsame entspannte Momente schaffen, anstatt Sex“pflichten“ nach Zeitplan „abzuarbeiten“.

*Erotische Momente im Alltag schaffen (Dirty Talk per Whatsapp, „Trockensex“ am Hausflur, einander erotische Fotos schicken etc)

Abends bin ich immer viel zu müde

*Die sexuelle Uhr tickt oft nicht bei beiden Partner gleich

+ Mögliche Lösungsansätze:

*Morgensex 😉

*Quickie in der Mittagspause

Der Sex mit ihm ist zur langweiligen Routinenummer geworden

*Zu wenig Abwechslung

*Sex nach Zeitplan

*Keine Überraschungsmomente mehr

+  Mögliche Lösungsansätze:

*Spannung ins Sexleben bringen! (Pornokino, Massage, Rollenspiele, Quickies in der Waschstraße etc)

*Offen über Sehnsüchte und Bedürfnisse sprechen

Tagsüber nervt er mich mit seinen schlechten Manieren, seiner Unordnung und nachts nervt er mich mit seinem Schnarchen…und dann noch dieser verdammte Hauskredit der mir Sorgen macht

*Allgemeine Unzufriedenheit mit dem Partner wegen seinen schlechten Angewohnheiten, seinen Witzen, seinem Dauerrülpsen, wegen seinem Motorradtick etc.

*Zu wenig Freiräume

*Finanzielle Sorgen

*Familiäre Streitigkeiten

*Pubertierenden Kinder

*Ärger und Unzufriedenheit im Job

+ Mögliche Lösungsansätze:

*Paar-Auszeiten nehmen

*Einander Freiräume geben, denn häufig sind es nicht die schlechten Angewohnheiten die stören, sondern das Gefühl eingeengt zu sein; zu sehr eins mit dem Partner zu sein und sich als eigenständiges Individuum zu verlieren

*Getrennte Schlafzimmer

*Allgemeine Probleme nicht auf die Partnerschaft projizieren

*Nicht alles zerreden

*Klare Abgrenzung zum Partner (nicht an jedem Pickel, an jedem Streitgespräch mit einem Kollegen oder an jedem Verdauungsproblem muss man die Partnerin teilhaben lassen)

*Versuchen Alltagssorgen aus dem Sexualleben auszuklammern

Er macht nie etwas perfekt. Er kommt abends daher mit seiner Jogginghose und will in diesem Aufzug Sex! Außerdem hat er sich einen kleinen Bauch angefressen. 

*Verblendung durch Zeitschriften, Filme etc

*Unrealistische Ansprüche an eine Partnerschaft

+ Mögliche Lösungsansätze:

*Die Frau auf den Boden der Tatsachen zurückholen und gegebenenfalls selbst auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Der Beziehungsalltag ist kein Hochglanzmagazin, keine Kinofilm und nicht jeder Sex ist Youporn tauglich.

Alle diese Probleme sind grundsätzlich lösbar, solange Liebe und Begehren nicht erloschen sind. Dann gibt es leider die hartnäckigen Probleme:

Ich liebe ihn einfach nicht mehr, aber ich kann ihn nicht verlassen. Die Kinder würden darunter leiden, der Freundeskreis würde zerbrechen, das Haus müsste verkauft werden.

Von Anfang habe ihn von Anfang an ihn nicht so richtig begehrt.

 

Er bedeutet mir so viel, aber ich ertrage den Sex mit ihm nicht. Ich liebe ihn nur platonisch. Bei jedem Sex habe ich das Gefühl mit meinem Bruder zu schlafen.

Ich hasse seine Gerüche, und das hat nichts mit mangelnder Hygiene bei ihm zu tun. Ich kann ihn einfach nicht riechen.

Ich finde ihn körperlich abstoßend. Ich will ihn nicht verletzen, aber bei jedem Sex mit ihm verletze ich mich selber. Ich flüchte mich von einer Ausrede in die nächste. Bin ich ein Egoist, wenn ich ihn trotz der gemeinsamen Kinder verlasse?

 

Unsere sexuellen Bedürfnisse sind Galaxien voneinander entfernt. Ich will nicht auf die Befriedigung meiner tiefsten Sehnsüchte und Phantasien verzichten, aber mein Partner findet meine Vorlieben abstoßend. Eine offene Beziehung oder sexuelle „Freigänge“ kommen für ihn aber nicht in Frage.

Ich habe allgemein einfach kein Bedürfnis mehr nach Sex, und ich fühle mich gut damit. Sex hat keinen Stellenwert mehr in meinem Leben.

 

Wenn entweder das grundsätzliche Bedürfnis nach Sex nicht (mehr) besteht, oder zwar der Wunsch nach Sex besteht, dieser jedoch nicht den eigenen Partner inkludiert, dann steht die Beziehung vor einem gravierenden Problem. Vor allem, wenn Kinder, eine gemeinsame Firma oder eine gemeinsame Immobilie vorhanden sind, wird die Beziehung oftmals nur noch zum Schein geführt – Eine Fassade rund um eine vermeintlich intakte Beziehung wird errichtet – eine Fassade, die in den allermeisten Fällen früher oder später zu bröckeln beginnt und alle Beteiligten vor die Frage stellt: Wie soll es weitergehen?

8 Kommentare zu “Wenn Frauen keinen Sex mehr wollen (Teil 1)

  1. Meine Frau (53) zu mir: Ich habe 30 Jahre lang mit dir geschlafen. Ich hab dir Kinder geboren, dir beim Aufbau der Firma geholfen und alles für dich gemacht. Ich habe jetzt keine Lust mehr auf das ganze Sexding. Wenn du mich „nur“ deswegen betrügst dann trittst du 20 Jahre Ehe und Zusammenleben mit Füßen und du kannst deine Koffer packen.

    Und jetzt???

    Danke für diesen wunderbaren Blog, auch wenn er mir überwiegend das aufzeigt was ich mal hatte und nie mehr haben werde.

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  2. Danke, für diesen Kommentar.

    Das ist eine schwierige Situation. Ich kann einerseits verstehen, dass deine Frau darüber enttäuscht wäre, wenn du deine Lust auswärts auslebst. Ihr ist Sex unwichtig geworden und sie verlangt von dir, dass du die Sache wie sie siehst. Ohne eine Lösung die euch beide zufrieden stellt, ist euer Zusammenleben sicher nicht einfach. 😦 Mein erster Rat wäre ein Gespräch – nicht zwischen Tür und Angel, sondern eines für das ihr euch ausreichend Zeit nehmt. Hast du das schon mal versucht?

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  3. Yep. Hab ich probiert.

    Sie lehnt das Alleinsein mit mir ab weil sie nicht will, dass ich versuche sie zu verführen. Keine gemeinsamen Urlaube, kein gemeinsames Schlafzimmer, kein Gutenachtkuss, kein „Ich liebe dich“, keine gemeinsames Kinogehen usw.. Am letzten Jahres hat sie mir das Sextoy, das ich ihr schenken wollte (etwas, mit dem sie sich mit sich selbst hätte verwöhnen können) samt Blumen und Kinokarten nachgeworfen. (Sie ist sonst nie aufbrausend oder in Rage)

    Eine Trennung will sie nicht. Sie sagt, wenn ich meinen Sextrieb unter Kontrolle hätte, könnten wir wieder zusammen verreisen und Unternehmungen planen.
    Aber wie???

    Ich will sie gar nicht betrügen. Sie ist eine top schöne Frau und ich liebe sie. Sie liebt mich auch, was sie mir in den letzten Monaten nach einem Unfall sehr intensiv mit liebevoller Pflege vermittelt hat. Aber sie will keinen Sex und nicht einmal Nacktheit oder Nähe von und mit mir.

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  4. Interessantes Post.
    Oft sind´s halt einfach auch Ansprüche, die utopisch sind. Und eine Industrie, die uns eine totale Bedürfnisbefriedigung vorgaukelt, und damit meine ich nicht nur Y0up..n und andere, sondern wie folgt:
    Bei Frauen ist es ja eher die Sehnsucht nach neuen Gefühlen, den Schmetterlingen im Bauch, die kein Partner auf Dauer bieten kann. Oder gerade den Anspruch von Frauen an Männer, „Guru“ zu sein, in dem man dann als Person komplett aufgehen könne. Die totale Verschmelzung, romantische Utopie, irgendwo auch dieses vollkommen überzogene Esoteriker-Problem. Daneben eine Industrie, die genau das alles als möglich vermittelt: Frauenzeitschriften voller Lebensträume z.B. . Gibt Frauen die sich da die schönsten Bilder ausschneiden und auf einen Karton kleben. Das sind dann sogenannte Vision-Boards, der Inhalt wäre praktisch schon beim Universum bestellt. Überhaupt dieses Problem, Sexualität an eine spirituelle Komponente zu knüpfen: dass Frauen einen spirituellen esoterischen Überbau wünschen, um erst ihre Sexualität geniesen zu können. Ich hab mich da in meiner Stammkneipe mal mit einer besoffenen „Keltin“ darüber unterhalten… Das ist ja eigentlich auch total verklemmt, (Männer haben da oft einen geraderen Weg zu ihren Bedürfnissen). Aber das ist auch ein Punkt wo Esoterik-Sekten, Gruppen, Coaches in einem Milieu Fuss fassen, mit den entsprechenden Kollateral-Schäden für Partnerschaften und Familien. Hab einige Artikel, die das Thema so mit aufgreifen, diesen z.B.: https://chiemgaugemseneier.wordpress.com/2012/01/05/ein-weg-hinters-licht/
    Oder hier: https://chiemgaugemseneier.wordpress.com/2015/06/17/buchtipp-auserwahlt-fur-teenager-und-erwachsene/
    LG, Jemseneier

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  5. Ja, die Ansprüche sind tatsächlich manchmal utopisch – auf beiden Seiten und in allen Lebensbereichen. Das ist ein wichtiger Aspekt, den ich noch aufnehmen werde.

    Es gibt ja bereits energetische Sextrainer und mich würde es nicht wundern, wenn es bald einen Eso-Sexshop mit Grander/Mond/Irgendwas-Zeug mit durchgestrichenem Barcode geben würde.

    Danke, für die Artikel. Ich guck da gleich mal rein!

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  6. Pingback: (Fremd)gehen oder unglücklich bleiben? – Wenn Frauen keinen Sex mehr wollen (Teil 2) | Science, Sex & Scepticism

  7. Lieber „just a man“,

    schick deine Frau in den Ruhestand. – Lass Dich ruhig von Ihr „hochkant“ rauswerfen. Offenbar habt Ihr alles erlabt, was man in einer Ehe erlaben kann. Sie will nicht mehr und will dass Du auch leidest. – Verlass Sie. Da ist keine andere Möglichkeit.
    Deine Töchter würden darunter leiden? – Quatsch! – Erklär Ihnen, dass Du so nicht weiter machen willst, sie werden es verstehen.
    Ich würde eher sagen, die Trennung tut euch beiden gut. Keine Gewissensbisse, keine Heimlichkeiten und Du hast Zeit Dir jemanden zu suchen, der Deine Bedürfnisse teilt.
    Das selbe kann Sie ja auch machen…

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  8. Ich kann @NinaMan nur zustimmen. Ich würde auch in diesem Fall auf ihr Angebot eingehen und mich rauszuwerfen lassen. Sie ist erst 53, ich weiß nicht mit alt @Just a man ist, aber jedenfalls viel zu früh um auf Sex bis zum Grab zu verzichten. Zumindest müsste sie dann damit einverstanden sein, dass er seine Bedürnisse anderswo stillt. So ist das Ansinnen dieser Frau nicht akzeptabel.

    Sie soll sich dann halt ein Pendant mit einem asexuellen Mann zulegen, damit sie sexuell in Frieden ruhen kann.

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